Berlin - Kreuzberg
Taborkirche / Wrangelkiez
Taborkirche - Berlin-Wrangelkiez / ev.
offen
Do 13 - 16 Uhr
Fr 10 - 12 Uhr
So 13 - 16 Uhr
Die Kirchentür ist weit geöffnet wie der Schlund eines mächtigen roten Krebsgetiers. Eingebaut in eine Wohnhaus-Reihe hat diese Kirche mit ihren Tor- und Fensterbögen, Turmformen und Musterungen von außen wirklich etwas Kreatürliches.
Innen erstmal ein geräumiger Aufenthaltsbereich mit großem Tisch und Kaffeemaschine.
Hier sitzen Frauen und Männer aus dem Kiez, die sich eine Tasse Kaffee abholen und kräftig unterhalten.
Ich gehe durch die gläserne Tür in den Innenraum. Ein einzelner Mann sitzt in den Bankreihen und schaut bewegungslos nach vorne. Offensichtlich befindet er sich in einem tiefen Zustand. Ich merke, wie das mein Spiel beeinflusst, als ich das Cello vorne rechts beim Flügel ausgepackt habe. Subtil und langsam gehen Töne in den Raum, so als wollten sie seinen Fokus ummanteln. Als er schließlich geht, wendet sich sein Gesicht kein einziges Mal zu mir. Habe ich ihn gestört? Oder war er einfach bei sich und integrierte alles, was sonst war?
Mein Spiel verändert sich im leeren Raum, wird partnerschaftlicher zum Raum: der Raum und ich. Mit seinen ca 4 sec Hall eine wunderbare Balance zwischen Direktheit und Getragensein.
Dann kommt die Pfarrerin. Ihr gefällt das überraschende Cellospiel. Sie selbst ist Geigerin. Spielt mit beim Projekt "Lebenslaute". Wir haben gemeinsame Bekannte. Sie würde liebend gerne die Kirche immer offenhalten. "Aber das geht hier nicht in diesem Kiez, hier muss immer jemand da sein. Und das ist nicht zu leisten."
Beim Rausgehen spricht mich ein älterer Herr an, dem offenbar im Vorraum beim Kaffee mein Celllospiel gefallen hat. Er empfiehlt mir weitere Kirchen.