Naumburg
Dom
Naumburger Dom / ev.
offen - mit Eintritt
Als ich mein Anliegen an der Kasse vortrage, werde ich freundlich empfangen und als "Pilger" kostenlos eingelassen.
Der Dom ist ehrfurchterregend.
Die Hauptkirche ist durch zwei gemauerte Wände dreigeteilt. Jedenfalls im unteren Bereich. In der Höhe und als Klangraum sind die Teile verbunden und die Kirche ein Ganzes.
Ich gehe zunächst in die darunter liegende Krypta. Der Klangraum ist phänomenal: ich brauche Töne nur im piano auszulösen und sie entfalten sich voll und rund wie ein raumfüllender Ballon. So, als könnten die dicken Mauern nur mit Mühe den Klang zusammenhalten sodass er keine Chance hat, zu entweichen.
Im Großraum spiele ich an diversen Positionen, mal zart, mal kraftvoll.
Interessanterweise fast immer in Dur!
Viele touristische Besucher gehen und stehen in absurden schrägen Haltungen mit ihren Audio Guides herum und machen einen verkrampften Eindruck. Da lob ich mir die traditionellen Gruppenführungen, die es gottseidank auch noch gibt.
Dazwischen Töne zu kreieren, die mit der großartigen Architektur und dem spirituellen Geist dialogisieren und gleichzeitig die Besichtigung der Besucher nicht stören, ist ein Balanceakt, der sich verschiedenartig ausprägt.
Gerne gehe ich auch in die kleinen Nebenkapellen. Z.B. die Elisabeth-Kapelle mit modernen Fenstergestaltungen von Neo Rauch in Rot. Hier spiele ich verzogene künstliche Flageolett-Linien.
In der kleinen "Winterkirche" bin ich ganz allein. Sie hat eine helle Ausstrahlung und eine Akustik, die meinem Cello in seinem Charakter sehr entspricht: kräftig, klar und obertonreich. Hier werde ich frei und experimentell.
Einige Besucher bedanken sich, eine Frau legt mir 2 € auf einen Stuhl - der Straßenmusiker in der Kirche!?
Mit einem Kirchenführer, der aus Fraunkreich stammt, komme ich ins Gespräch. Ihm hat mein Spiel sehr gefallen. Ich bin auf jeden Fall wieder willkommen!