willemschulz.de - Offizielle Website von willem schulz - Spontan in Kirchen

Schwerin

St. Anna - Probsteipfarrei Schwerin / kath.

offen

Fast versteckt in der Innenstadtbebauung finde ich die kleine katholische Kirche St. Anna, die sich hier offensichtlich in der Diaspora befindet.

Draußen ein lebensfrohes Kindergartenspektakel, ist es innen still und schlicht, einfach ein Raum, der Rückzug gewährt.

Drei Menschen sitzen in der ersten Reihe und beten in der Stille.

Für mich ist sofort klar, dass ich dieses respektieren und nicht irritieren möchte. So warte ich, bis sie irgendwann gegangen sind, packe dann mein Cello aus und bin alleine mit dem Raum.

Einfache und klare Töne wollen hier sein, die ich auch noch fortsetze, als eine Küsterin eintritt und die Blumen wechselt. Sie stört es jedenfalls nicht.

Schwerin

Dom zu Schwerin / ev.

offen

Drei Male habe ich es versucht, in diesem ehrwürdigen Dom, in dem ein Vorfahre von mir - der Pfarrer Melzer - einst wirkte, mein Cello erklingen zu lassen. Es sollte nicht sein: jedes Mal spielte die Orgel oder es gab Proben eines Barockorchesters für ein abendliches Konzert.

So war ich neugierig unterwegs in dem großzügigen Raumkomplex. Sofort zog mich das zeitgnössiche Fensterprojekt in seinen Bann, das dem Künstler Günther Uecker anvertraut wurde.

In mehreren Fenstern, die in einem monochromen Blau gehalten sind, zieht er einen riesigen "Lichtbogen" von der einen Seite des Doms zur anderen. Mutig - sowohl von ihm, wie von seinen Auftraggebern!

Vielleicht werde ich eines Tages hier eine Leerzeit erwischen, in der ich einen Klangbogen setzen darf!?

Schwerin

Paulskirche in Schwerin / ev.

offen

Kraftvoll und stolz steht sie da, diese rote Backsteinkirche auf der Erhöhung über den Seen Schwerins. Freundlich werde ich empfangen von einer älteren Dame, die Besuchern engagiert die Besonderheiten dieses Ortes erklärt.

Aber - es sind nur noch 10 Minuten Öffnungszeit, sodass ich mich beeilen muss, um noch einen musikalischen Eindruck von dieser Kirche zu bekommen.

Gelesen habe ich, dass eine Woche zuvor der Experte für neue und experimentelle Orgelmusik Dominik Susteck hier ein Konzert gegeben hat und allein mit diesem Wissen verändert sich der klassische ungebrochene Stil dieses neogotischen Sakralbaus in ein Potential der Offenheit.

Ich blicke auf in die mandalaartigen Gewölbezeichnungen mit ihrer floralen Vielfalt von Blättern unserer Bäume und lasse mein Spiel nach Schönheit forschen - was immer das auch sein mag.

Schwerin

Schelfkirche St. Nikolai in Schwerin / ev.

offen

Diese Stadtteilkirche strahlt mit ihren rotbraunen Holz-Einbauten eine überaus gemütliche und warme Atmosphäre aus. Innen erscheint sie mir wie ein kleines gleichschenkliges Kreuz. Alles ist nah beieinander.

Dazu passt, dass im Altarbereich auf Sisal-oder Kokosteppich ein Kreis von bunten Sitzkissen ausgelegt ist, umrahmt von einem Stuhlkreis. Nähe scheint der Gemeinde wichtig zu sein.

Ich frage mich, wo wohl die Orgel ist und entdecke sie erst spät, ganz oben über der prunkvollen Ehrenloge. Umso mehr überkommt mich ein kammermusikalisches Feeling. Auch der geringe Hallfaktor passt dazu.

Die Mitte des Raumes ist z.Zt. durch ein Gerüst besetzt, das zur Renovierung der Dachkuppe dient.

So setze ich mich in einen der Kreuz-Schenkel.

Als ich zu spielen beginne, drängt sich mir ein Thema auf: Tue Buße. So entstehen demütige bescheidene Töne und Melodien, keine glänzende Größe, sondern zurückhaltende, um Vergebung und Hilfe bittende musikalische Gesten.

Nach einer überschaubaren Sequenz packe ich das Cello ein und gehe mit einem dankbaren Gefühl.

Die Mädchen-Skulptur, die draußen auf einer Steinbank hockt, kommt meinem Gefühl sehr entgegen.

Wismar

St. Marien in Wismar / ev.

outside

Diese Kirche gibt es nur noch als Erinnerung.

Zerstört wie die Georgenkirche in den letzten Kriegstagen, steht nur noch der Turm.
Das übrigen Kirchenschiff ist in seinem vollen Umfang nur noch gekennzeichnet durch aufgemauerte Pfeilerbasen und Grundmauern des Umrisses.

Alles unter freiem Himmel.

Es reizt mich, auch hier im offenen Gelände zu spielen. Ich denke, dass die ursprünglichen sakralen Kultplätze ja auch unter freiem Himmel stattfanden und der Himmel ist die eigentliche Kuppel über uns, die ein noch so großes Kirchenschiff nur anzudeuten vermag.

Also setze ich mich auf den Rand des Beton-Podestes, das dem Turm vorgelagert ist und spiele kräftig los. Aber im offenen Raum ist der Klang einfach nur so klein, wie er eben ist. Der Himmel gibt keinen Widerhall, ist kein Verstärker wie die Wände eines Raumes. Der Himmel ist offen und der Klang verschwindet bereits am Beginn der Unendlichkeit.

Einige junge Leute sitzen hier und da herum. Sie scheinen mich kaum zu bemerken.

Ich mache mein Ding, genauso wie sie ihres.

Und auch die Liegende ...

Wismar

St. Georgen in Wismar / ev.

offen

Dieses von außen eigenartige Ungetüm erweist sich innen unmittelbar als grandioser nackter Raum, der mich in Atem hält. Er befindet sich in einem langwierigen Wiederaufbauprozess nach seiner fast kompletten Zerstörung in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs.

Die Architektur und die Materie, aus der sie besteht, sprechen für sich von einer heiligen Größe, der wir uns in Demut annähern dürfen.

Mittendrin ein Quadrat aus Bühnenelementen, die offensichtlich machen, dass hier Veranstaltungen stattfinden. Dort positioniere ich den weißen Cellokasten und eigentlich genügt dieses Bild schon in aller Stille.

Aber wie mag mein Cello hier klingen? Das reizt mich doch zu sehr, sodass ich mich mit dem Instrument genau an diesem zentralen Punkt setze und mit größter Faszination Töne in die Weite und Höhe des Raumes sende, um ihnen und ihren verschlungenen Wegen nachzuhören.

Klang erfüllt, kann ich nur sagen - sowohl den Raum wie auch mich.

Wer immer als Musiker*in nach Wismar kommen sollte: Lasst euch dieses Erlebnis nicht entgehen!

Pronstorf

St. Vicelin in Pronstorf / ev.

offen

Der Engel sagt: Die Wahrheit wird Euch frei machen. Ein Satz zum Nachdenken!

Im uralten Natursteingemäuer dieser Dorfkirche wollen die Naturtöne meines Cellos wie mittelalterliche Blasinstrumente erklingen. Ein reduzierter Hall lässt mich Vieles probieren und finden. Besonders ist, dass ich hier völlig neue Naturton-Kombinationen entdecke.

Wie schön, dass auch solch ein Dorfkirchenschatz seine Tore täglich öffnet!

Unter der Decke des Hauptraumes sind zahlreiche Szenen aus dem Alten und Neuen Testament verbildlicht. Heute würde man von einer Graphic Novel sprechen.

Im länglichen schmaleren Altarraum sind als Relikte noch links und rechts die Kabinette der Dorfoberen erhalten. Was waren das für Zeiten!

Die historische Uhr wird liebevoll aufbewahrt, aber die Feuchtigkeit nagt:

Draußen stelle ich fest, dass die Kirche inmitten des Friedhofs steht: die Verstorbenen bleiben unter uns!

Bad Segeberg

Marienkirche in Bad Segeberg / ev.

offen

Der Zufall schreibt die schönsten Geschichten!

Als ich vor der Kirchentür stehe, empfängt mich das Schild: "Tritt ein! Die Kirche ist offen."

So willkommen zu sein, fühlt sich sofort besonders an. Gerade will ich die Tür öffnen, da stehen drei Damen und ein Herr neben mir: "Wollen Sie Musik machen?" Ich: "Ja, genau das hatte ich gerade vor." "Wie schön, dann kommen wir mit rein!"

Im klaren Innenraum dieser Predigerkirche ist mein Platz keine Frage - vorne rechts - und ich spiele sofort los, animiert durch die Zuhörenden, die offensichtlich begeistert sind von meinen Tönen und der Überraschung, in ein quasi privates Konzert geraten zu sein. Ich merke, dass ich eine Musik für ihre Ohren spiele, aus dem klassischen langsam ins Freiere öffnend.

Wir kommen ins Gespräch, ich erzähle über mein Projekt und auch über die Geschichte des französischen Cellos. Da tritt ein französisches Paar ein, als hätte die Geschichte sie gerufen! So spiele ich auch noch für sie.

Alle wollen das Buch "Töne um Vergebung" kaufen und ich hole die letzten 5 Exemplare, die ich noch in meinem Wohnmobil liegen habe. Für die Klavierlehrerin zusätzlich mein Buch "Das rote Klavier".

Eine Zufallsbegegnung voller Freude!

Draußen - und das passt dazu - eine Jesus-Skulptur in wunderschön entspannter Haltung.

Heiligenhafen

Stadtkirche in Heiligenhafen / ev.

offen

Von einer freundlichen Frau, die diese schlichte Kirche betreut, werde ich empfangen.
"Natürlich können Sie hier spielen, dann ist es nicht so langweilig!"

Hinter ihr hängt ein Bild mit dem Titel "Holocaust", auf dem in Stacheldraht verwoben einige Noten im Bassschlüssel hängen. Die Dame hatte das Bild noch garnicht bewusst wahrgenommen und sagt, als ich ihr die Noten vorspiele, das seien wirklich traurige Töne.

Ein junger Organist kommt herein. Er sagt, die Orgel wäre hier, wie in den gotischen Kirchen allgemein nicht optimal platziert. Damals gab es eben noch keine Orgeln und die Platzierung im Nachhinein ist meist ein Kompromiss geworden.

Der "tönernde" Boden und die Kuppeln im Kirchenraum geben einen schönen klaren Klang ab, der für Konzerte diverser Art bestimmt gut geeignet ist.

Ich spiele neben dem Altarraum und kann in vollen Tönen cellieren. Ausdrücklich willkommen zu sein, setzt auch für mich den Tönen nochmals einen Glanz auf.

Seitlich des Chorraums sitzt der kleine Jesus auf dem Rücken des Riesen Christophorus, dem Christusträger.

Heiligenhafen

St. Ansgar in Heiligenhafen / kath.
offen

Hier kommt mir ein fast biblischer Spruch:

Mich dürstete zu spielen
und ich durfte spielen

Die Sonne scheint herein und die Farben der Fenster ergießen sich über den Boden wie reine Freude.

Dieser einfache Kirchenraum mit seinen 3 sec. Hall und seinen gelblichen Steinfliesen läßt mich in vollen Cellotönen losspielen und die reine Freude erleben, die mir das Spiel auf meinem Instrument schenkt.

Niemand ist da außer dem schlichten Raum, den Farben, den fliegenden Fischen und mir.

Erst als ich gehe, treten zwei Damen ein.
Wie stimmig, denke ich.